Wie Janneke Poléannes Herz mit ihrer Fürsorge berührte…
Jeden Tag hinterlässt unser fleißiges Team einen bleibenden Eindruck. Auf unserem Planeten, bei unserer Kundschaft und untereinander. Diese Momente liefern Stoff für unzählige Geschichten. Geschichten, die noch nie zuvor öffentlich erzählt worden sind. Höchste Zeit, sie mit der Welt zu teilen. Diesmal: Poléanne begleitet einen Tag lang die Pflegefachkraft Janneke. Ein bewegender Morgen – geprägt von Musik, Tränen und großer Wertschätzung.
Es ist noch früh am Morgen, als wir ins Auto steigen. Normalerweise ist mein Tag gefüllt mit Meetings, aber heute begleite ich meine Kollegin Janneke in der häuslichen Pflege. „Diesen Vormittag besuchen wir fünf Klient*innen“, beginnt Janneke. „Dabei arbeiten wir immer nach einem straffen Zeitplan, allerdings nicht unbedingt in einer festen Reihenfolge. Die einzige Ausnahme bildet Herr Pietersen. Ihn besuchen wir morgens immer als Letzten.“ Herr Pietersen ist 90 Jahre alt und hat vor drei Monaten seine Frau verloren. Die beiden waren 60 Jahre lang verheiratet. Weniger als einen Monat später verlor er seine Tochter, die so sehr an ihrer Mutter gehangen hatte, dass sie vor lauter Kummer gestorben war. „Gleich – am späten Vormittag – möchte ich, dass du ihn aufweckst“, fährt Janneke fort. „Und das wird bestimmt nicht ganz leicht.“
Ein warmherziger Wecker
Kaum habe ich das Haus von Herrn Pietersen betreten, bin ich von Fotos und Erinnerungen an ihn und seine liebevolle Familie umgeben. Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter und begebe mich in sein Zimmer, wo ich das Radio leiser stelle, welches laut aus den Lautsprechern dröhnt. Der erste Versuch: Ich tippe ihn an und rüttelte ihn sanft hin und her. Aber anstatt den Tag zu begrüßen, zieht er sich die Decke noch weiter über den Kopf. Nachdem ich mehrmals an ihm gerüttelt, ihn angetippt und flüsternd angesprochen habe, wird mir klar, dass mir das nicht gelingt. Ich hole Janneke zur Hilfe, und sie schafft es mit liebevoller Zuwendung, Herrn Pietersen zum Aufstehen zu bewegen. Da steht er nun: 90 Jahre alt, in einer Windel und verloren in einer Welt, in der er nicht mehr sein will. Janneke sieht die Traurigkeit und Benommenheit in seinem Blick. Liebevoll nimmt sie ihn an die Hand und wäscht ihn. Nachdem sie ihn gut versorgt hat, schaut sie etwas erschrocken auf die Uhr. Wir sind schon viel zu spät dran. Trotzdem stellt sie ihm eine Frage: „Möchten Sie uns vielleicht ein Lied vorsingen?“
In der ersten Reihe
Zu meiner großen Überraschung stimmt er sofort zu. „Ja, gern“, meint er und nimmt seine Gitarre zur Hand. „Wollen Sie sich setzen?“ Janneke hatte mir zuvor erzählt, er habe einen eigenen Musikladen gehabt und sein Leben lang Musik gemacht. „Dieses Lied ist für ein Mädchen aus Apeldoorn, das ich vor über 70 Jahren kennengelernt habe. Als ich während des Krieges mithalf, blieb sie zu Hause.“ Er beginnt zu spielen und das Lied berührt uns auf der Stelle. Herr Pietersen verliert sich einen Moment lang in seiner Liebe zur Musik. Mit Tränen in den Augen sehe ich diesem Mann voller Bewunderung zu. Nach dem letzten Ton sagt er mit einem sanften Lächeln: „Ich kenne noch ein paar Lieder mehr. Dann müssen Sie aber mitsingen.“ Und so kommt es, dass wir zu dritt um 8 Uhr morgens „Die kleine Kneipe“ singen.
Minuten, die alles verändern
An diesem Morgen folgen noch viele weitere holländische Musikklassiker. Die Zeit scheint Janneke nicht mehr zu kümmern. Auf dem Rückweg erklärt sie: „Das ist der Grund, dass wir Herrn Pietersen zuletzt besuchen. Dieser eine Moment des Glücks, den wir ihm schenken, wenn wir 10 oder 20 Minuten länger bleiben, ist es uns absolut wert.“ Ich sehe Janneke an. Ihre persönliche, aufrichtige Zuwendung berührt mich zutiefst. Sie wusste von ihrer ersten Klientin, dass drei Häuser weiter Welpen geboren worden waren und dass ihre Häkelarbeiten beim Bingo im Gemeindehaus großen Anklang gefunden hatten. Und von ihrer dritten Klientin, dass deren Urenkelkind eine Prüfung bestanden hatte. Wir haben sogar noch einen Zwischenstopp bei der Tafel gemacht, um ein Essenspaket für einen Klienten abzuholen, der dazu selbst nicht mehr in der Lage war. Ich hoffe, dass ich – wenn ich einmal so alt bin wie Herr Pietersen – auch eine Janneke habe, die mir den Tag verschönert. Es sind Pflegefachkräfte wie Janneke, die jeden Tag den entscheidenden Unterschied machen. Davor kann ich nur den Hut ziehen, Respekt!